Einwohnerfragestunde der Kreistagssitzung am 25. September 2020
Die im Vorfeld der Einwohnerfragestunde online eingegangenen Fragen an Landrätin Astrid Klinkert-Kittel werden zu Beginn der Kreistagssitzung hier veröffentlicht.
Die erste bezieht sich auf die schlechte Verkehrsanbindung zur Pflegeschule in Einbeck
Sehr verehrte Frau Landrätin,
ich habe eine Frage die mir schon lange auf den Nägeln brennt!
Ich wohne in Moringen. Hier im Stadtgebiet und Umgebung sind zum einen das LKH und etliche Altenheime, ich beziehe in diesem Fall auch Hardegsen ein. Es müssen daher sehr viele Pflegekräfte ausgebildet werden. Haben Sie schon einmal nachvollzogen, als Nichtführerscheininhaber mit dem Bus zur Berufsschule nach Einbeck zu kommen. Einbeck hat hier im Landkreis die einzige Berufsschule für Pflegeberufe. Von Moringen müssen sie über Northeim fahren. Ein Umweg von 20 km.
Das muß nicht sein!
In Iber hält der Bus aus Einbeck. Dann dreht er wieder um und fährt nach Einbeck zurück. Diesen Wahnsinn muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. 3 km von Moringen entfernt dreht der Bus um nach Einbeck.
Wieso kann er nicht nach Moringen durchfahren? Er schließt somit eine logische Lücke. Jetzt aber bitte nicht sagen es sind zu wenig Fahrgäste. Das kann nicht stimmen. Dies weiß ich aus dem Bekanntenkreis. Außerdem ist Einbeck eine wunderbare Einkaufsstadt. Preislich kann auch kein Argument sein, der Verkehrsverbund Südniedersachsen ist mit der teuerste Verkehrsverbund Deutschland.
ich würde mich also sehr freuen wenn Sie in dieser Richtung etwas erreichen können.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Wipperfeld
Antwort der Landrätin: Im Auftrage der Landkreise Northeim, Göttingen und Holzminden ist der Zweckverband Verkehrsverbund SüdNiedersachsen (ZVSN) Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Die Organisation des ÖPNV und damit mit den jeweiligen Linienführungen in den Gebieten dieser drei Landkreise erfolgt über Busse.
Der ZVSN teilte auf Anfrage mit, dass die direkte Anbindung Moringen - Einbeck bereits vor Jahren aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen heraus eingestellt wurde. Aufgrund des begrenzten Einsatzes von Steuergeldern für den ÖPNV müssen für die Linienführungen auch Praktikabilitäts-, Nachfrage- und Finanzierungsaspekte berücksichtigt werden. Diese Kriterien wurden mit- und gegeneinander abgewogen und spiegeln die Grundlage für die jeweiligen Streckenführungen im ÖPNV wider.
Da im öffentlichen Personennahverkehr hohe Kosten für den Steuerzahler entstehen, wird der Verkehr möglichst effektiv organisiert, ohne dass die verpflichteten Anforderungen an die Daseinsvorsorge, wie bspw. Zugang zu Bildung, gefährdet sind.
Im Landkreis Northeim ist daher die Stadt Northeim ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für den öffentlichen Personennahverkehr. Dort ist zum einen für einen Teil der kreisangehörigen Kommunen der Anschluss an den Schienenpersonennahverkehr und damit die Möglichkeit der Erreichbarkeit höherer Bildungseinrichtungen etwa in Göttingen oder Hildesheim/ Hannover gewährleistet, zum anderen gibt es mehrere Berufsbildende Schulen und andere weiterführende Schulen im Stadtgebiet Northeim, die von Schülerinnen und Schülern z.B. auch aus dem Gebiet Moringen besucht werden. Daher müssen die Schülerinnen und Schüler aus Moringen, die die BBS Einbeck besuchen, derzeit leider ebenfalls über Northeim fahren.
Die Weiterführung der Linie 234 (Einbeck-Iber) in Richtung Moringen ist nicht ohne weitere finanzielle Kosten möglich. Sie würde dabei lediglich zu einer um wenige Minuten verkürzten Anreise in Einbeck führen.
Die finanzielle Situation des Landkreises Northeim lässt eine derartige Streckenführung aktuell nicht zu. Daher musste auf die logistisch kostengünstigste Variante, mit Northeim als zentralem Verkehrsknotenpunkt, zurückgegriffen werden.
Frequentierung/Streckenführung bis Iber:
- Buslinie 234: Iber Abfahrt um 6:55 h - Einbeck Ankunft um 7:20 h; danach über Drüber-Edemissen-Einbeck, bzw. erst ab 10 h wieder über Iber (acht Fahrten täglich über Iber).
- Buslinien 225 und 235: Moringen Abfahrt um 6:22 h – Einbeck Ankunft um 7:24 h inkl. Umstiegszeit in Northeim
(Der bisherige Fahrplan der Linie 234 führt morgens nur eine Verbindung von Iber Richtung Einbeck, der für einen Schulverkehr geeignet ist. Der Bus startet 6.55 h von Iber zur Wolfskuhle in Richtung Einbeck Mitte / ZOB, danach wird Iber, Strodthagen und Dörrigsen ausgelassen und der Bus startet von Drüber über Edemissen in Richtung Einbeck. Die Ankunftszeit für den Bus aus Iber ist 7.20 h in Einbeck Mitte. Der Bus aus Moringen - Linie 225 - startet um 6.22 h, nach Umstieg in Northeim kann man mit der Linie 235 um 7.24 h Einbeck-Mitte erreichen. Falls man Moringen direkt an die BBS in Einbeck anbinden möchte, würde es die Abfahrtzeit in Moringen kaum verändern, allerdings gebe es zusätzliche Kosten für den Landkreis Northeim.)
Mit freundlichen Grüßen, Landrätin Astrid Klinkert-Kittel
Die zweite Anfrage dreht sich um die Ausweisung des Bereiches Ilme als Landschaftsschutz- bzw. Naturschutzgebiet.
Sehr geehrte Frau Landrätin,
ich möchte Sie bitten, zwei Fragen zum obigen Thema in der Kreistagssitzung am 25.09.2020 zu beantworten:
1. Es wird von den meisten Landwirten und Parteien gefordert, die Verordnung des geplante NSG Ilme und ihre Nebenbäche zu kippen und in ein LSG umzuwandeln. Der überwiegende Grund ist der 10 m breite Schutzstreifen zum Gewässerrand, auf dem zukünftig Düngemittel aller Art nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Halten Sie an dieser Forderung immer noch fest, wenn ich Ihnen 2 Bilder von der Ilme präsentiere, die auf eine starke Anreicherung von Nährstoffen (Eutrophierung) hinweisen? Sollen weiterhin so unsere Bäche und Flüsse aussehen?
Antwort der Landrätin: Der Landkreis Northeim wird am 10-Meter-Schutzstreifen am Gewässer sowohl für das FFH-Gebiet 128 „Ilme“, als auch für das FFH-Gebiet 402 „Schwülme“ nicht festhalten. Der Landkreis Northeim baut in diesem Zusammenhang auf den „Niedersächsischen Weg“ und die geplante Änderung zu den Gewässerrandstreifen im Niedersächsischen Wassergesetz. Demnach würde der Gewässerrandstreifen per Gesetz an Gewässern 2. Ordnung (Ilme und Schwülme ab Hettensen) 5 Meter und an Gewässern 3. Ordnung 3 Meter betragen. In diesem Gewässerrandstreifen sind der Einsatz und die Lagerung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln verboten, insoweit findet ein Schutz der Gewässerränder bereits über gesetzliche Regelungen statt.
2. Seit mehren Jahren fällt der Oberlauf der Ilme und auch ihre Nebenbäche (Wolfs- und Hülsebach) von ca. März bis November trocken. Dies deutet auf einen riesigen Verlust an Biodiversität hin. Typische Vogelgemeinschaften (Eisvogel, Wasseramsel, Gebirgsstelze und Schwarzstorch) die auf funktionierende Mittelgebirgsbäche angewiesen sind, verlassen diese Gebiete aufgrund von Nahrungsmangel. Insektenarten wie die Fließgewässerlibellen können sich in den Fließgewässern nicht mehr entwickeln und sterben in dieser Region aus. Wandernden Fischarten wie Bachforelle und Lachs, die nur in den Oberläufen der Bäche laichen, finden ihre Laichplätze nicht mehr.
Hat es überhaupt noch Zweck, Schutzgebiete auszuweisen, wenn das Inventar (Tier-und Pflanzenarten) fehlt? Die UNO hat das laufende Jahrzehnt als das "Jahrzehnt der Biodiversität" ausgerufen.
Ohne Erfolg! Welche Maßnahmen unternimmt die UNB des Landkreises Northeim und vor allem die von uns gewählten Politiker, um die Tierwelt in den Oberläufen der Ilme und ihrer Nebenbäche zu stabilisieren?
Antwort der Landrätin: Der erste Schritt zur Verbesserung der Tier-und Pflanzenarten sowie auch der Biodervisität ist die Unterschutzstellung von besonders schützenswerten Gebieten. Die Erhaltung oder auch die Verbesserung der Tier- und Pflanzenwelt ist dann im Einzelfall über die Managementpläne zu regeln. Der Trockenfall der Ilme in der Zeit von März bis November geht sicherlich mit den sich verändernden klimatischen Bedingungen einher. Dies kann dann auch durchaus erhebliche negative Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt haben. Hierbei handelt es sich aber um eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung durch die globale Klimaerwärmung, die es zu meistern gilt. Durch die Ausweisung von Schutzgebieten trägt der Landkreis Northeim punktuell zur Verbesserung der Situation bei. Weiterhin gilt es, naturschutzfachliche Dinge zur Verbesserung der Situation, wie z. B. die Umsetzung des „Niedersächsischen Weges“ aktiv zu begleiten, um eine Verbesserung der Bedingungen im Landkreis Northeim zu erreichen.
Eine Teilantwort zu Frage 2 kann ich Ihnen schon vorab geben: Unterstützen Sie die UNB qualitativ und quantitativ, denn wir brauchen Fachleute und Leute mit Artenkenntnissen, um die seit Jahren brachliegenden Felder wie Biotopverbund, Renaturierung von Abbaugebieten und die "Gesetzlich geschützten Biotope nach §§ 30 zu aktivieren, denn Corona und die Vernichtung unserer Lebensräume haben etwas miteinander zu tun.
Vielen Dank im voraus für Ihre Bemühungen. Bei der Kreistagssitzung werde ich nicht anwesend sein.
Mit freundlichen Grüßen
Detlef Herbst